Leitbild des Bundesverbandes katholischer Religionslehrer und –lehrerinnen an Gymnasien (2013)

Als Religionslehrerinnen und Religionslehrer werden wir von Kollegien, Schülerschaft und Eltern als Vertreter unseres Glaubens und besonders auch unserer Kirche wahrgenommen. An unserem Arbeitsplatz begegnen wir der weltanschaulichen Pluralität, die unsere heutige Gesellschaft kennzeichnet. Wir stoßen dabei keineswegs nur auf Ablehnung, Unverständnis oder Unkenntnis, sondern – im Gegenteil – auf Offenheit und deutliches Interesse für die „großen Fragen“. Im Religionsunterricht sind wir mit den uns anvertrauten Schülerinnen und Schülern im Gespräch und versuchen gemeinsam, die Fragen des Lebens in Beziehung zu setzen mit unserer katholischen Glaubenstradition. Wir tun dies im Rahmen und unter den Bedingungen von Schule, d.h. im öffentlichen, also nicht-kirchlichen Raum und unter Einbeziehung der unterschiedlichen weltanschaulichen Positionen, die uns im RU begegnen. Dialog als Wechselspiel von Fragen und Hören, sich infrage stellen lassen und neu Antworten finden ist eine unserer wichtigsten Aufgaben. Ohne das ständige Bemühen um Zeitgenossenschaft mit unseren Schülerinnen und Schülern im Sinne des II. Vatikanischen Konzils ist Religionsunterricht undenkbar. Die besonderen Erfahrungen, die wir dabei machen, können und müssen im innerkirchlichen Dialog genutzt werden, weil gesellschaftliche Entwicklungen, die unsere Kirche betreffen, im Rahmen des schulischen RU eventuell früher und deutlicher zu Tage treten.

1. Die Rolle des Bundesverbandes

Der Religionsunterricht findet im Rahmen des staatlichen Auftrags der Schulen in der Regel als ordentliches Lehrfach statt. Er ist in der öffentlichen Diskussion bildungstheoretisch abgesichert und von Eltern, Schülerinnen und Schülern weithin akzeptiert. Über die Rahmenbedingungen und die inhaltliche Ausgestaltung des Religionsunterrichtes entscheiden in unserem föderalen System die Länder.
Dem Bundesverband kommt in diesem Gefüge die Aufgabe zu, für seine Mitglieder eine Plattform für den Austausch von Informationen aus den Ländern bzw. (Erz-)Diözesen zur Verfügung zu stellen und gemeinsam über Ideen und neue Entwicklungen zu beraten. Nur so können die vielfältige Erfahrungen, die die vom BKRG vertretenen Religionslehrerinnen und Religionslehrer in ihrem Berufsalltag machen, gebündelt und in die Gespräche mit den kirchlichen und staatlichen Stellen, etwa der Deutschen Bischofskonferenz und der Kultusministerkonferenz eingebracht werden. Ohne die Ebene des Bundesverbands wären die Landesverbände und örtlichen Zusammenschlüsse kaum in der Lage, ihre eigenen Erfahrungen und Probleme in den Horizont eines breiteren Überblicks einzuordnen, Partner für ihre Anliegen zu gewinnen und die Interessen katholischer Religionslehrerinnen und Religionslehrer gemeinschaftlich zu vertreten.
Unsere Aufgabe ist es, die Öffentlichkeit über Fragen, die den Religionsunterricht betreffen zu informieren, sowie unsere Einschätzung und Meinung zu aktuellen bildungspolitischen und kirchenpolitischen Fragestellungen und Entwicklungen zum Ausdruck zu bringen, z. B. auf Katholiken- und ökumenischen Kirchentagen. Als bundesweit verankerte Institution bringen wir unsere Positionen öffentlich zu Gehör.
Wir sind als Bundesverband ein kompetenter Gesprächspartner für Kirche, Staat und Öffentlichkeit.

2. Der konfessionelle Religionsunterricht in ökumenischer Offenheit

Traditionsverlust sowie eine geringe religiöse und konfessionelle Prägung kennzeichnen die Situation unserer Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht. Zwar gibt es, je nach Region, vereinzelt noch eine Verwurzelung im Katholizismus, doch ist dies eher die Ausnahme. Wirkliches religiöses Wissen bezüglich der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Konfessionen ist oft nur in Ansätzen vorhanden.
Konfessioneller Religionsunterricht leistet einen entscheidenden Beitrag zur Ausbildung einer religiösen Sprachfähigkeit. Dies beinhaltet sowohl die Kenntnis der eigenen Konfession als auch das Kennenlernen und die Auseinandersetzung mit anderen Konfessionen und Religionen. Hier geschieht eine Klärung der konfessionellen Profile aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler. Konfessioneller Religionsunterricht bietet also eine Anleitung zum Verstehen, ist zugleich Förderung einer konfessionellen Identität und ermöglicht (inter-) religiösen Dialog. Dies sind wichtige Aspekte zur Sicherung eines tragfähigen zukünftigen Religionsunterrichts.
Die sich ändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen machen die konsequente Weiterentwicklung der inhaltlichen Konzeption des konfessionellen Religionsunterrichts notwendig. Konzepte einer konfessionellen Kooperation unterstützen wir, soweit sie den Bedürfnissen der jeweiligen regionalen Situation entsprechen.
Wir treten für einen zeitgemäßen konfessionellen Religionsunterricht in ökumenischer Offenheit am Gymnasium ein.

3. Die Ausbildung künftiger Religionslehrerinnen und – lehrer

Die bildungstheoretische sowie rechtliche Absicherung und gesellschaftliche Akzeptanz sind bedeutende Voraussetzungen für un-ser Fach, aber die Zukunft des Religionsunterrichts hängt wesentlich auch von uns Lehrkräften ab. Damit der katholische Religionsunterricht seinen Platz im Bildungs- und im Fächerkanon des Gymnasiums auch in Zukunft erfüllen kann, benötigen angehende Lehrerinnen und Lehrer eine wissenschaftliche Ausbildung, in der sie theologische Kompetenz und Urteilsfähigkeit erlangen und zur eigenständigen Auseinandersetzung mit den Glaubensinhalten befähigt werden. Nur so können sie in der Schule sowohl sachlich korrekte Vermittlung der Botschaft des Evangeliums und von Glaubenstraditionen garantieren als auch zur Auseinandersetzung mit den Fragen von Glauben und Nicht-Glauben anregen. Als authentische Glaubenszeugen müssen sie überzeugend Rede und Antwort stehen und die Entwicklung der ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schüler mit Wohlwollen und Distanz begleiten.
Diese Ziele sind auf Dauer nur zu erreichen, wenn die Ausbildung der künftigen Lehrkräfte von Staat und Kirche in höchstmöglichem Maße unterstützt und den sich ständig verändernden Verhältnissen angepasst wird. Als Bundesverband bringen wir uns bei der Überarbeitung und Erstellung von Ausbildungsplänen und der geistlichen Begleitung des Studiums sowie des Referendariats mit unseren Erfahrungen ein.
Wir setzen uns dafür ein, die Ausbildung junger Religionslehrerinnen und -lehrer weiter zu entwickeln und inhaltlich mitzugestalten.

4. Die fachliche Fortbildung und spirituelle Orientierung der Religionslehrerinnen und Religionslehrer

Katholische Religionslehrerinnen und Religionslehrer können ihr besonderes Unterrichtsfach nicht ohne fachliche Fortbildung sowie eigene spirituelle Orientierung, Begleitung und Praxis unterrichten. All dies muss entwickelt und gepflegt werden. Vertraulichkeit und Freiwilligkeit müssen gewährleistet sein.
Wir setzen uns für die Unterstützung der Religionslehrerinnen und -lehrer durch Angebote an theologischer Fortbildung, Supervision und Begleitung ihres spirituellen Lebens ein.

5. Religionsunterricht und Kirche

In der Schule kommen wir mit ganz unterschiedlich geprägten Jugendlichen ins Gespräch, die zum Teil kirchlich sozialisiert sind, z.T. aber auch von kirchlicher Gemeindearbeit wenig oder gar nicht erreicht werden. Unser Auftrag bestimmt uns dazu, das Evangelium auch in diesem Raum zur Sprache zu bringen, christliches Denken und Handeln plausibel zu machen und die Positionen der Kirche zu erläutern. Wir sind uns darüber im Klaren, dass wir die nächste Gener-ation mit christlichen Werten in Berührung bringen und zur positiven Auseinandersetzung damit anleiten können. Darin liegt eine große Verantwortung auch gegenüber unserer Kirche, deren Vermittler wir hier sind.
Umgekehrt halten wir es für unverzichtbar, dass Erfahrungen und Ratschläge von Religionslehrerinnen und Religionslehrern innerkirchlich genutzt werden. Als Bundesverband beraten wir Gremien, die eine gesamtgesellschaftliche Aufgabenstellung im Blick haben. Wir bringen unser religionspädagogisches Wissen und unsere Erfahrungen mit den uns anvertrauten jungen Menschen auf vielfältige Weise, an vielen Orten und verschiedenen Ebenen ein. Dies verstehen wir als unseren Beitrag zu einer lebendigen Weggemeinschaft in der Kirche.
Wir treten ein für einen konstruktiven Dialog in unserer Kirche, in dem Kritikpunkte offen und in gegenseitigem Respekt aus- und angesprochen werden können.